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Nachruf Dennis Burghardt

So wenig, so viel

Veröffentlicht

Dennis Burghardt †

„Hallo ihr Lieben“, begann Dennis im ersten Corona-Lockdown, am 31. März 2020, eine Mail an uns, seine Kolleg*innen vom Dezernat Hochschulkommunikation. „Es ist schon komisch, wochentags nicht mehr in mein Büro zu kommen. Mir fehlen die, wenn auch kurzen, Gespräche mit euch; mit meinem Dezernat.“

Dennis Burghardt, geboren 1991, begann 2012 seine Ausbildung an der FH Dortmund und wurde 2016 unser Kollege im Dezernat Hochschulkommunikation. Er litt an Muskeldystrophie Duchenne, lebte sein Leben vom Rollstuhl aus, mit Kopfstütze, Atemmaske und ständiger Betreuung.

Doch auch wenn sein ständiger Betreuer Patrik (der ebenfalls zu unserem geschätzten Kollegen wurde) ihn durch den Tag führte, führte Dennis sein Leben. Unerschütterlich vorwärts, wie ein Entdecker, jeder Atemzug eine Errungenschaft, jeder Tag eine Herausforderung, jedes Jahr ein Triumph über medizinische Vorhersagen. Dennis kauerte nicht in seinem Rollstuhl. Er thronte.

Sneaker, BVB, Heavy Metal und die Sprache

Beruflich war er eine Bank fürs Team. Sorgfältig, zuverlässig, mit Routine und Überblick. Darüber hinaus sammelte er Sneaker, gönnte sich Energy Drinks, feierte den BVB und hörte Heavy Metal: „Einen Vorteil hat die Arbeit daheim“, schrieb er damals in der Mail weiter, „Ich kann ungestört und laut meine harten Rocklieder auf den Kopfhörern laufen lassen. Verrückt, wie ich nun mal bin, kann ich mich in dieser Konstellation super konzentrieren.“

Dennis liebte die Sprache. Gelassen platzierte er charmante Bonmots, so trocken wie der SON-Innenhof im August. Zwischen seine knappen, sachlichen, dienstlichen Mails –auch Tippen kostete ihn Geduld und Kraft – streute er immer wieder mal liebevoll verfasste, poetische Einwürfe. „Ich für meinen Teil komme bei gefühlsmäßig und tatsächlich komischen Zeiten leicht zum Nachdenken“, reflektierte er in der Mail damals. „Zuerst gehe ich die negativen Dinge durch, im direkten Anschluss die positiven. Wie jemand, der Blumen sät. Zunächst die Arbeit mit der dreckigen Erde, später die schöne und bunte Aussicht. Bei Pflanzen ist es wie im Leben. Eine gewisse Geduld ist vonnöten, hegen und pflegen darf man dabei nicht außer Acht lassen. Alles andere ist ja langweilig, so ein Ziel in Ermangelung eines Wegs.“

Dennis Burghardts Roman

Solche Mails wurden in den letzten Jahren seltener. Vielleicht, weil er sich stattdessen auf sein Buch konzentrierte: „Die Sonne hinter dem Zenit“, ein ausgewachsener Fantasy-Roman, erschienen Anfang 2024, 350 Seiten, sechs Jahre Arbeit, wir staunten und staunten.

Dennis lächelte mit den Augen. Manchmal stand der Rollstuhl zwischen uns und die Atemmaske zerteilte das, was eine Plauderei hätte sein sollen, in merkwürdige Stückchen. Dann holte er uns mit einem Zwinkern voller Zuneigung wieder ganz nah an sich heran. Einfach so. Sein Herz schien uns riesig.

Anfang März ist Dennis gestorben. Unerwartet, ein Schock. Bei seiner Beerdigung sagte der Pfarrer, Dennis sei nun frei von allen Einschränkungen und könne sich endlich entfalten und alles tun, was er wolle, und wir saßen dort mit feuerfarbenen Rosen in den Händen und in uns glühte der Wunsch, dass das auch wirklich so ist. Wer hätte es mehr verdient als er, der aus so wenig so viel gemacht hat. Dessen Wille stärker war, als Muskeln jemals sein könnten.

Seine Mail von damals endet so: „Diese pflanzliche Metapher lässt sich weiterführen. Ohne die Arbeit des einen, hat die Pflanze keine Chance zu wachsen. Ohne den Wachstumsdrang des anderen, hat der Mensch keine Chance auf Ergebnisse. Ein Zusammenspiel, wann immer zwei Parteien oder mehr teilnehmen. Privat wie beruflich.
Ich freue mich auf unser aller Wiedersehen!
Schöne Grüße
euer Dichter“,
und wir lesen diese Worte und sehen ihn dabei zwinkern.

Dennis Burghardts Roman „Sonne hinter dem Zenit“ steht mit der Signatur CSNB 3 in der Bibliothek am Standort Emil-Figge-Straße zur Ausleihe bereit. Er ist zudem über unser Bibliothekssystem RiO recherchierbar und kann an die anderen Bibliotheksstandorte bestellt werden.