70 Wissenschaftler*innen diskutieren in Zimbabwe über die Nachhaltigkeitsziele der United Nations
Im Rahmen des vom DAAD geförderten Programms der fachbezogenen Partnerschaften organisierten vier Universitäten und Hochschulen - die Midlands State University (Öffnet in einem neuen Tab) , die Fachhochschule Dortmund, die University of Johannesburg (Öffnet in einem neuen Tab) und die University of KwaZulu Natal (Öffnet in einem neuen Tab) - in Zusammenarbeit mit dem International Consortium on Social Development (ICSD) Africa Branch (Öffnet in einem neuen Tab) ein internationales Symposium vom 14. bis zum 18. Oktober 2024. Kern des Programms ist es, Nachwuchswissenschaftler*innen zusammenzubringen und entlang der von der United Nations verabschiedeten Sustainable Development Goals (SDGs) globale Fragen zu diskutieren und Konsequenzen für die Soziale Arbeit zu ziehen. Das diesjährige Symposium setzte den Fokus auf indigene und lokale Wissenssysteme zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele. Dazu trafen sich insgesamt 70 Wissenschaftler*innen aus Ländern des „Globalen Nordens“ und des „Globalen Südens“.
Vertretend für die Fachhochschule Dortmund waren an der Midlands State University (Öffnet in einem neuen Tab) (MSU) am Hauptcampus in Gweru und der School of Social Work (Öffnet in einem neuen Tab) in Harare der Projektleiter Prof. Dr. Michael Boecker (Öffnet in einem neuen Tab) , die Projektkoordinatorin und Diplomsozialarbeiterin Dorothée Boecker (Öffnet in einem neuen Tab) , Romina Maillaro (Öffnet in einem neuen Tab) , Doktorandin am Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften (Öffnet in einem neuen Tab) , und Sina Levenig (Öffnet in einem neuen Tab) , Projektmitarbeiterin im Fachbereich. Romina Maillaro hat bei dem Symposium ihr Promotionsthema „Hat die Sozialarbeit ein Gerechtigkeitsproblem? Warum sind die Führungspositionen überwiegend von Männern besetzt,“ vor einem internationalen Fachpublikum vorgetragen.
Entkolonialisierung der Sozialen Arbeit durch afrikanische indigene Wissenssysteme
Bei dem Symposium ging es um die Einflussnahme auf die Entkolonialisierung der Sozialen Arbeit und sozialpolitischer Programme durch afrikanische indigene Wissenssysteme. Afrikanische indigene Wissenssysteme (AIKS) tragen dazu bei, die Existenz von Gesellschaften zu gestalten und zu definieren und bilden die Grundlage für den Glauben und die traditionellen Praktiken der afrikanischen Nationalstaaten. Das Wissen darüber, wie diese Wissenssysteme genutzt werden können, ist jedoch nach wie vor begrenzt. Indigene Wissenssysteme sind für die Länder des „Globalen Südens“ und alle indigenen Völker eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung. Die Länder des „Globalen Südens“ werden nicht in der Lage sein, ihre Entwicklungsziele zu verwirklichen, ohne sich ihrer indigenen Wissenssysteme bewusst zu werden. Lokales Wissen und Ansätze zur sozialen Entwicklung haben bereits zu positiven Ergebnissen bei der Bekämpfung der Armut und der Abschwächung der negativen Auswirkungen des Klimawandels geführt. Diese Beispiele zeigen, was möglich ist, wenn lokale Kontexte und Denkweisen in die Politik und Praxis der sozialen Entwicklung einfließen. In dem Symposium konnte unter anderem gezeigt werden, wie indigene und lokale Wissenssysteme die vorherrschenden Theorien und Praktiken in Sozialpolitik und der Sozialen Arbeit durchbrechen und gleichzeitig auf die Erreichung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung hinarbeiten können.
Wichtige Einblicke in die Strukturen der Sozialen Arbeit
Die Vorträge und Diskussionen boten intensive Einblicke in die Frage, wie tief koloniale Einflüsse in die Strukturen der Sozialen Arbeit eingreifen und wie sehr diese Einflüsse die heutige Praxis, das Denken und die Sprache prägen. Besonders eindrücklich war die Auseinandersetzung mit der Frage, wie Soziale Arbeit oft auf westlichen Werten basiert, die weltweit als universell gelten, jedoch kulturelle Diversität und unterschiedliche soziale Realitäten zu wenig berücksichtigen. Eine der zentralen Erkenntnisse aus den Diskussionen war es, dass eine „Dekolonisierung“ der Sozialen Arbeit nicht nur die Anpassung von Konzepten und Modellen voraussetzt, sondern dass es vielmehr einer grundsätzlichen Reflexion kultureller Kontexte und historischer Hintergründe bedarf. Dies betrifft vor allem die Frage, inwiefern „Hilfe“ und „Entwicklung“ auf einem westlichen Verständnis von Fortschritt basieren und wie dies paternalistische Strukturen verstärken kann.
Internationale Soziale Arbeit in einer globalen Gesellschaft
Das DAAD-Team der kooperierenden Universitäten hat die Veröffentlichung ihrer Special Issue Ausgabe einer internationalen Fachzeitschrift, dem Journal of Social Development in Africa, vorgestellt. Mit einem eigenen Beitrag adressierten Prof. Dr. Michael Boecker und Dorothée Boecker die Bedeutung Internationaler Sozialer Arbeit als Menschenrechtsprofession in einer globalen Gesellschaft. „In einer zunehmend globalisierten Welt sind wir in vielfältiger Weise miteinander verbunden und in einer komplexen geopolitischen (Un-)Ordnung voneinander abhängig“. Dies gilt auch für diejenigen, die in der Sozialen Arbeit als Menschenrechtsprofession tätig sind. Lange Zeit herrschte die Vorstellung, dass Sozialarbeiter*innen ausschließlich auf nationaler Ebene agieren müssen und dass der Blick über das eigene Land hinaus zwar erfrischend sein kann, aber nicht zwingend notwendig ist. Heute wissen wir, wie wichtig internationale Beziehungen, Netzwerke und wissenschaftlicher Austausch sind. Geopolitische Entscheidungen betreffen die Soziale Arbeit und ihre Zielgruppen oft in ihrem Kern. Existenzielle Armut und Arbeitslosigkeit in Ländern des globalen Südens führen zu Flucht und Migration in die Länder des „Globalen Nordens“. Krisen wie Kriege oder Naturkatastrophen haben vielfältige Auswirkungen auf globale Wertschöpfungsketten. Die ungleiche Verteilung von Armut und Reichtum führt zu asymmetrischen Machtverhältnissen, die nicht zuletzt das Erbe von Kolonial- und Apartheideinflüssen sind. Umso wichtiger sind die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen.