Künstlerische Feldforschung zur Badekultur in Island
Prof. Dr. Christoph Lutz-Scheurle (Öffnet in einem neuen Tab) vom Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften unternahm mit dem Künstler*innen-Kollektiv „MSG“ eine künstlerische Feldforschungsreise nach Island. Dort erforschten sie die Badekultur und untersuchte das Schwimmbad als Ort der Begegnung und des sozialen Zusammenhalts im Land.
"Freibad-Debatte" im internationalen Vergleich
Während in Island Freibäder und Pools als Orte der Begegnung und des Zusammentreffens unterschiedlichster Menschen dienen, ist in Deutschland das Freibad als „gefährlicher Ort“ markiert. Mit dieser Markierung droht das Freibad als Ort sozialer Durchmischung verloren zu gehen. Davon „betroffen sind Menschen […] denen in überfüllten Großstadtzentren die Möglichkeiten ausgehen, ohne viel Geld noch Zugang zu Erholung und Abkühlung zu erhalten“, wie die Zeitung Die Zeit kritisch anmerkt. Während in Deutschland also die Freibad-Debatte als weiterer Beweis für eine Spaltung des Landes herhalten muss, sind Schwimmbäder in Island wichtige Orte des Zusammenhalts, der allen Schichten Zugang gewährt. In den bis zu 45 Grad heißen Hot-Pots werden von so manchen Besucher*innen Reden geschwungen und über Politik und Gesellschaft diskutiert. Auf der Insel gibt es ca. 170 Freibäder und so klein ein Ort auch sein mag, ein Schwimmbad ist fast immer zu finden.
MSG-Kollektiv badetet an 21 Tagen in 21 Pools
Das MSG-Kollektiv, bestehend aus Melanie Hinz (Öffnet in einem neuen Tab) , Stefan Mießeler (Öffnet in einem neuen Tab) , Lukas Müller, Wendy Pladeck und Christoph Lutz-Scheurle, reiste unterstützt durch das europäische Programm „Culture Moves“ (Öffnet in einem neuen Tab) in 21 Tagen einmal um die Insel und badete in 21 Pools. Dabei beschäftigte es sich mit der Frage, inwiefern das Schwimmbad als Sozialraum zum Wohlbefinden der isländischen Menschen beiträgt. (Island ist auf Platz drei der „Glücklichsten Länder“ – im World-Happiness-Report 2023, Deutschland nur auf Platz 17.) Im Rahmen dieser künstlerischen Forschungsreise, die mit Methoden der teilnehmenden Beobachtung, aber auch mit künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum arbeitete, erwies sich der Pool als Ort partizipativer Praxen, des Zusammenhalts und das Schwimmbad als sozialer Begegnungs-Raum.
Imaginationen zum Thema Baden in zugespitzten Situationen inszenieren
Schwimmbäder dienen hier einerseits als Plattformen, in denen politische Diskurse stattfinden, sie erweisen sich andererseits als besondere, ästhetisch hervorgehoben Orte, in denen die habituelle Selbst-Positionierung der Besucher*innen sich als Darstellungsformen verstehen lassen, in denen ein spezifisches Selbstverständnis und die Identität der Besucher*innen zu seinem Ausdruck findet.
Dies führte bei MSG dazu, die eigenen partizipativen Praxen sozialer Teilhabe kritisch zu befragen und in neuen Zusammenhängen zu erproben. Erste Ergebnisse waren fotografische Versuche, in denen Imaginationen zum Thema Baden in dramaturgisch zugespitzten Situationen inszeniert wurden. Dies auch, da deutlich wurde, dass das ästhetische Erlebnis des Badens, nur im performativen Akt des Badens selbst erfahren werden kann. In den Fotos schlagen sich so die (Un-)Verfügbarkeiten wie auch der Pool als Ort der Sehnsucht nieder.
Künstlerische Installation geplant
Die Recherche soll zu einem späteren Zeitpunkt in einer künstlerischen Installation münden. In dieser wird ein besonderer HotPool Islands originalgetreu und im Verhältnis 1:1 nachgebaut. Um den Pool herum werden großformatige Projektionen der während der Reise dokumentierten Landschaften Islands zu sehen sein. Gleichzeitig soll der Pool bebadet werden, so dass Besucher*innen in Form „geselliger Runden“ mit den Performer*innen interagieren und den Pool als Ort der Begegnung selbst erfahren können.
Prof. Christoph Georg Lutz-Scheurle, Dr.
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Sprechzeiten im Wintersemester 2024/2025:
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